Römische Gräberstraße in Sinzig -
Fakten und offene Fragen

Vortrag beim Denkmalverein berichtet von Funden, Erkenntnissen und laufender Forschung

Sinzig. Eine Gräberstraße aus der Römerzeit in Sinzig – für viele an der Regionalgeschichte Interessierte ist das eine neue Erkenntnis. Der vom Förderverein Denkmalpflege und Heimatmuseum in Sinzig angebotene Vortrag „Am Rande der Straße – Römische Gräber in der Goldenen Meile“ im Sinziger Schloss war deshalb gut besucht. Der Abend begann allerdings mit einer Überraschung: Referent Gabriel Heeren, als Archäologe mit dem Thema befasst und Vorstandsmitglied im Verein, hatte wegen Krankheit absagen müssen. Das teilte Museumsleiterin und stellvertretende Vorsitzende Agnes Menacher dem Publikum zu Beginn mit, um gleich Ehemann Rudolf Menacher, Mitarbeiter im Museum und eng vertraut mit römischer Geschichte, das Wort zu erteilen. Er hatte sich bereit erklärt, Heerens Ausarbeitung vorzutragen.
Er tat das auf muntere Weise, nicht ohne auch eigene Erkenntnisse einzufügen („Das ist jetzt von mir…“). Die Auswertung römischer Grabstätten ist deshalb so wichtig, weil den Toten „Wegzehrung“ und in ihrem Leben wichtige Gegenstände ins Grab gegeben wurden. Und genau das lässt heute Rückschlüsse auf den römischen Alltag zu. Zwei Fundstellen stehen im Mittelpunkt der Forschungsarbeiten, eine in der Goldenen Meile in Höhe der Kiesgruben und eine besonders spannende an der Gemarkungsgrenze zwischen Sinzig und Bad Breisig.

Schon 1913 wurden in der Goldenen Meile insgesamt fünf römische Grabstätten entdeckt und die Beigaben gesichert. Auch Reste eines Straßenfundaments fand man seinerzeit, nicht aber Spuren eines von den damaligen Forschern erwarteten Römerlagers. Die von Gabriel Heeren geführten aktuellen Untersuchungen haben nun ergeben, dass eine bis zu zehn Meter breite Straße um die Zeit 15 vor Christus auf dem Weg von Mainz nach Köln ab dem Raum Bad Breisig über Sinzig im Bogen zum Heerlager in Remagen führte. Heute belegen Erkenntnisse der Luftbildarchäologie den Verlauf der Straße. Sie war ungewöhnlich breit angelegt, wurde aber im Laufe der Zeit nicht mehr in der ganzen Breite genutzt, so dass am Rande Platz für Grabstätten entstand. Römische Gräber gab es immer außerhalb der Besiedlung an den Zugängen. Im zweiten und dritten Jahrhundert befand sich auf der Höhe der Grabstätten die bekannte Sinziger Terra-Sigillata-Manufaktur, gelegen unmittelbar am Rhein. Stehen die Gräber – eines stammt allerdings noch aus dem ersten Jahrhundert – damit in Zusammenhang, eventuell auch im Zuge einer Nachbesiedlung? Seinerzeit geborgene Urnen und Schalen aus den Gräbern gehören zum Bestand des Museums, sie stehen im Mittelpunkt der im vergangenen Jahr eröffneten neuen römischen Abteilung.

Geradezu spektakulär sind die Funde an anderer Stelle aus dem Jahr 2002, ganz in der Nähe der römischen Straße an der Gemarkungsgrenze nach Bad Breisig. Die originale Statuette einer sitzenden Muttergöttin aus Ton konnte das Publikum nach dem Vortrag näher betrachten. Der Matronenkult römischer Zeit drehte sich um die Fruchtbarkeit der Frau und war in der rheinischen Region weit verbreitet. Oder das Tintenfass – was macht ein aufwendig verziertes Tintenfass als Grabbeigabe? Die verstorbene Person dürfte etwas mit Schreiben zu tun gehabt haben und reich gewesen sein. Überhaut stellten Gräber bis hin zu mehreren Meter hohen, prächtigen Säulen ein Prestigeobjekt dar. Wer sich zu Lebzeiten eine ansehnliche Grabstelle errichten konnte, hatte es zu etwas gebracht.

Die Auswertung der Gräber in diesem Bereich – große, eingefriedete Grabstellen, eine Kiste aus Stein zur Aufbewahrung von Grabbeigaben und Grabgärten – ist Gegenstand noch nicht abgeschlossener Untersuchungen. Gabriel Heeren wird darüber zusammen mit seinem Kollegen Dr. Cliff A. Jost von der GDKE Koblenz in einem Vortrag des Denkmalvereins am 30.10.2025 berichten. Das Thema der römischen Gräberstraße von Sinzig wartet also noch auf den wissenschaftlich belegten Abschluss, die heute schon sichtbaren Ergebnisse haben das Publikum – der Beifall galt Rudolf Menacher und Gabriel Heeren – aber bereits sehr beeindruckt.

Text: Matthias Röcke

© Förderverein – November 2024

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